Teilautonome Gruppenarbeit
Team(1)-Arbeit in der Werkstatt: Eine Information in leichter Sprache
In der Werkstatt wird in Gruppen gearbeitet.
Die Gruppen-Leitung sagt wer was arbeitet.
Die Gruppen-Leitung kontrolliert die Arbeit.
Die Gruppen-Leitung macht alles, was die Beschäftigten nicht können.
Team-Arbeit ist auch Gruppen-Arbeit.
Ein Arbeits-Team legt selbst fest, wer was arbeitet.
Ein Arbeits-Team kontrolliert selbst die Arbeit.
Ein Arbeits-Team macht alles möglichst selbst.
Ein Arbeits-Team lernt, wie es gut zusammen arbeitet.
Jedes Mitglied im Arbeits-Team ist für seine Arbeit selbst verantwortlich.
Jedes Mitglied im Arbeits-Team nimmt Rücksicht auf die anderen und hilft ihnen.
Das Arbeits-Team macht Arbeits-Besprechungen.
In den Arbeits-Besprechungen legt das Arbeits-Team fest, wer welche Arbeit macht.
Die Mitglieder treffen Vereinbarungen, wie sie miteinander umgehen.
Die Mitglieder des Arbeits-Team halten sich an die Vereinbarungen.
Die Mitglieder wählen einen Team-Sprecher(2).
Der Team-Sprecher vertritt das Arbeits-Team.
In der Team-Versammlung wird festgelegt, was der Team-Sprecher tun soll.
Die Gruppen-Leitung nimmt an einer Schulung teil:
Sie wird zum Team-Begleiter (3) weitergebildet.
Der Team-Begleiter unterstützt das Arbeits-Team.
Der Team-Begleiter tut nur etwas, wenn er darum gebeten wird.
Der Team-Begleiter übernimmt Aufgaben, die das Team noch nicht ausführen kann.
Die Team-Begleiter schult das Team, möglichst viele Aufgaben selbst zu erledigen.
Hinweise:
(1) Team: ausgesprochen [Ti:m, das i wird lang gezogen](2) Der Team-Sprecher (männlich), die Team-Sprecherin (weiblich)
(3) Der Team-Begleiter (männlich), die Team-Begleiterin (weiblich)
Autor: Gerd Grampp 2006, ergänzt: Paul M. Birsens
Teamorientierung durch teilautonome Gruppenarbeit
Von Michael Balzer, Projektleiter und Paul M. Birsens, Beauftragt für die SchulungGruppenarbeit
Gruppenarbeit ist Standard in Werkstätten: Die Fachkraft plant und kontrolliert - die Beschäftigten führen aus. Die Teilautonome Gruppenarbeit (TAG) dagegen sieht die vollständige Auftragsabwicklung durch die Beschäftigten vor. Dabei werden die vor- und nachgelagerten Tätigkeiten besonders berücksichtigt: Sie erfolgen mit Begleitung und Beratung der Fachkraft.
Teilautonome Gruppenarbeit
Daher fordert und fördert die TAG Eigenständigkeit, Verantwortungsbewusstsein sowie Fachlichkeit und ermöglicht ein hohes Maß an Kooperations-, Kommunikations- und Konfliktfähigkeit. Zusätzlich werden Kenntnisse und Fertigkeiten erworben, sich auch als Team eigenständig zu leiten und zu steuern. Die TAG ermöglicht in sehr intensiver Form am Arbeitsleben teilzuhaben.
Zielsetzung
Die TAG wurde unter der Zielsetzung "Entwicklung von Teilhabe und Zukunftsfähigkeit für Menschen und Unternehmen" in einem Projekt mit den Murgtal-Werkstätten & Wohngemeinsachten gGmbH in Gaggenau als Instrument eingeführt und erprobt. Zur Zielgruppe zählen alle Beschäftigten in den verschiedenen Arbeitsbereichen unserer Werkstätten.
Das Projekt
Das Projekt startete mit fünf Teams im Januar 2006 und lief bis März 2007. Sein Verlauf und seine Ergebnisse wurden dokumentiert und mehrfach der Öffentlichkeit präsentiert. In 2008/2009 fanden die Teambildungen in Kooperation mit der Nachbareinrichtung, der WDL Sinzheim (Baden-Baden) statt.Derzeit arbeiten acht teilautonome Teams in den Arbeitsbereichen der Murgtal-Werkstätten. Die Teamgröße liegt zwischen vier bis sieben Beschäftigten. Diese Form der Arbeit hat sich etabliert. Sie ist eine Bereicherung für die Werkstatt-Beschäftigten und eine reale Entlastung der betreuenden Fachkraft.
Alle Arbeitsteams sind fester Bestandteil unserer Werkstattarbeit. Sie tragen zu unserer Zukunftsfähigkeit bei und sind eine wichtige Antwort auf unsere immer knapper werdenden (Personal-) Ressourcen. Wir werden unsere rehabilitative Arbeit dauerhaft vielgestaltiger und flexibler organisieren müssen: Die Teilautonomen Arbeitsgruppen weisen dafür einen vielversprechenden Weg.
Qualifizierung
Als externer Berater betreut Paul M. Birsens (Dozent für Arbeits- und Betriebspädagogik) die TAG. Er ist für die Schulung, Beratung und Begleitung bei der Implementierung der Teilautonomen Gruppenarbeit verantwortlich. Die wissenschaftliche Grundlage dafür ist das Arbeitspädagogische ArbeitsGestaltungSystem - AAGS, das Prof. Dr. G. Grampp entwickelt hat.
Stand: Juni 2012
Zusammenfassung: Vorteile der teilautonomen Arbeit in Gruppen

Die Teammitglieder arbeiten selbstständig und übernehmen folglich auch selbst mehr Verantwortung für die gestellten Aufgaben. Sie machen deutliche Fortschritte in der Entwicklung ihrer Persönlichkeit, insbesondere im Bereich der Methoden- und Sozialkompetenz. Sie erfahren einen deutlichen Zuwachs ihres Selbstwertes und ihres Selbstbewusstseins.
Die TAG eignet sich sowohl für den Personenkreis der Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung, als auch für geistig behinderte Menschen.
Die Teammitglieder sind möglichst an der gesamten Auftragsabwicklung beteiligt, das bedeutet: Vom Wareneingang bis zum Warenausgang, insbesondere auch dem Kernarbeitsprozess vor- und nachgelagerten Arbeitsprozesse.
Die Fachkräfte werden zu Team-Begleitern, indem sie Aufgaben delegieren, dem Team zur Seite stehen wenn es Aufgaben nicht mehr von alleine bewältigen kann. Ihr Selbstverständnis verändert sich insofern, dass sie zunehmend "loslassen" und ergänzend, sowie befähigend tätig werden.
(Foto: Georg Selzer)
Ergebnisse des Projekts in den MWW:
- Die Qualität der Arbeit ist nachweislich gestiegen (weniger Reklamationen)
- Der Ansatz der TAG konnte auf andere Tätigkeiten übertragen werden
- Die Fähigkeiten zum Teamsein sind verbessert worden (Zusammenarbeit, Hilfestellung für andere, gemeinsame Planung und Absprachen, erfolgreiche Problembewältigung, selbstständiges Arbeiten)
Ein Beispiel zur Veranschaulichung:
In den MWW ist ein Team zuständig für den Wareneingang. Die Tätigkeit beginnt bereits beim Entladen des LKW, wenn Material angeliefert wird. Das Material wird mit Handhubwagen in die Arbeitsgruppe transportiert. Hier wird es abgestellt, ausgepackt, erfasst und in Listen eingetragen. Die angelieferte Stückzahl wird erfasst und die Gesamtmenge ermittelt. Anschließend werden die Paletten/ Transportbehälter gekennzeichnet. Die Teammitglieder sind verantwortlich für die Einteilung der Arbeitsreihen im Produktionsablauf und bestücken die Arbeitsplätze mit Arbeitsmustern. Sie stellen die Arbeitsmaterialien für die Montage der Werkstücke in Fließarbeit bereit. Sie sind für Beratung und Hilfestellung ihrer KollegInnen zuständig. Parallel dazu werden die Betriebsaufträge in der elektronischen Datenverarbeitung bearbeitet. Der Warenausgang wird im Bestandsprogramm eingepflegt. Die Warenanhänger werden über das Programm ausgedruckt und an den Transportkisten angebracht. Die abgeschlossenen Aufträge werden versandfertig gemacht, auf Paletten gestapelt und ins Auslieferungslager transportiert. Am Tag der Auslieferung wird der LKW damit beladen und der Kreislauf beginnt von vorne.
Qualifizierung der Fachkräfte:
Die Fachkräfte werden in der Anwendung des Arbeitspädagogischen ArbeitsGestaltungsSystem (AAGS) geschult.Das System beinhaltet folgende Module:
Arbeitsgestaltungs-Module: | Die Arbeit |
Team-Module: | Das Miteinander |
Umfeld-Module: | Die Bedingungen |
Die Arbeitsgestaltungs-Module beschreiben:
- im Modul PROFILE, wie die Voraussetzungen für die Teamarbeit geschaffen wird
- im Modul TEAMARBEIT, wie angemessene Arbeit in der Werkstatt gestaltet wird
- im Modul AUFGABENZUSCHNITT, wie Arbeitsaufgaben angepasst und gestaltet werden
- im Modul AUFGABENINTEGRATION, wie Rahmenbedingungen für selbstständiges Arbeiten geschaffen werden
Die Team-Module beschreiben das Miteinander der Teammitglieder:
- im Modul TEAMMITGLIEDER, wie die individuellen Voraussetzungen für die Teamarbeit beachte werden
- im Modul TEAMMERKMALE, wie Kooperation und Kommunikation innerhalb des Teams aufgebaut werden
- im Modul TEAMBEGLEITUNG, wie Arbeitsteams von den Fachkräften beraten und begleitet werden
Die Team-Module beschreiben ebenso die Methodik zur Gestaltung folgender Situationen:
- Lernsituationen; das Wissen, Können und Wollen der Teammitglieder mittels dem Modul TEAM-QUALIFIZIERUNG weiterentwickeln (Fachkompetenz)
- Situationen der Selbstständigkeit; Teamaktivitäten selbst gestalten und verantworten mittels dem Modul TEAMPROZESSE entwickeln (Methodenkompetenz)
- Situationen der Zusammenarbeit; Probleme und Konflikte im Team mittels dem Modul TEAMKONFERENZ bearbeiten
- Situationen der Reflektion; das Verhalten der Teammitglieder mittels dem Modul TEAMKULTUR reflektieren und gegebenenfalls verändern
Die Umfeld-Module beschreiben:
- im Modul SOZIALE BEDINGUNGEN, die Teamstrukturen und die Einwirkungen von außen
- im Modul INSTITUTIONELLE BEDINGUNGEN, die Rolle der Werkstatt als Unternehmen
Das Arbeitspädagogische ArbeitsGestaltungsSystem (AAGS) bietet fundierte und umfassende Hinweise und Anregungen für die Einrichtung bei der Einführung der TAG.
Vorschlag für die Qualifizierung:
1. Tag: | Einführung in die Teilautonome Gruppenarbeit | |
2. Tag: | Arbeitsgestaltungs-Module: | Die Arbeit |
3. - 6. Tag: | Team-Module: | Das Miteinander |
7. Tag: | Umfeld-Module: | Die Bedingungen |
Die Seminartage werden durch drei Tage Begleitung vor Ort ergänzt.
Kosten pro Seminartag:
85 € / TN, bei mindestens 10 TN.
Weitere TN: 55 €, max. 8 weitere TN.
Zzgl. 19% gesetzliche USt.
Reisekosten des Referenten bis 200 km Entfernung und Kopiervorlagen inklusive.
Sprechen Sie mich an, und wir vereinbaren ein Planungstreffen, um die Einführung der TAG in Ihrer Einrichtung vorzubereiten.
Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen!